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NHL.com/de erzählt in einer regelmäßigen Serie die Top 5 Olympischen Legenden in der Geschichte Deutschlands und der Schweiz. Diese Woche Legende Nr. 5.

Kann jemand eine olympische Legende sein, wenn er keine Medaille gewann? Er oder sie kann, denn gerade bei Olympia heißt es nach einem Spruch häufig: "Dabei sein ist alles!" Diese Aussage muss man natürlich relativieren, denn es gibt kaum etwas bitteres als einen vierten Platz bei Olympia, wenn man der Medaillenvergabe unbeteiligt zusehen muss.
Für Jonas Hiller reichte es mit der Schweizer Nationalmannschaft nicht einmal zum vierten Platz, denn bei seinen drei Teilnahmen 2010, 2014 und 2018 war spätestens im Viertelfinale Schluss. Trotzdem kann man in seinem Fall getrost von einer olympischen Legende sprechen, denn mit den Statistiken, die Hiller für den vermeintlichen Außenseiter verbuchte, braucht er sich im Konzert der Großen nicht verstecken.
Vor seinen ersten Olympischen Spielen 2010 in Vancouver war lange nicht klar, ob Trainer Ralph Krueger auf ihn oder Martin Gerber, der ebenfalls in der NHL aktiv war, setzen würde. Schließlich erhielt Hiller den Vorzug und er sollte ihn rechtfertigen. In der Gruppe ging es gegen die haushohen Favoriten Kanada und USA sowie den Außenseiter Norwegen. Besonders seine Leistungen im Gruppenspiel gegen Kanada, als er 44 von 47 Torschüssen abwehrte und die Schweiz nur mit 2:3 nach Penaltyschießen unterlag, stachen heraus. Nach einem 1:3 gegen die USA und einem 5:4 nach Verlängerung gegen Norwegen setzte sich die Schweiz in der Qualifikation mit 3:2 nach Penaltyschießen gegen Belarus durch. Das Viertelfinale gegen die USA hielt Hiller mit 42 Saves lange spannend. Erst ein Empty-Net-Tor 12 Sekunden vor der Schlusssirene vom Doppeltorschützen Zach Parise (auch 43.) besiegelte das endgültige Aus der Eidgenossen in der Runde der letzten Acht.

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Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi hatte es die Schweiz unter Trainer Sean Simpson in der Gruppe C mit Schweden, Tschechien und Lettland zu tun. Nach einem 1:0 zum Auftakt gegen Lettland, wurde überraschend Tschechien ebenfalls mit dem gleichen Ergebnis besiegt. Hiller hatte zwei Mal sein Gehäuse mit 21 bzw. 26 Saves komplett freigehalten. Im dritten Gruppenspiel, das mit 0:1 gegen Schweden verlorenging, kam Backup Reto Berra zum Einsatz.
Vor der Viertelfinal-Qualifikation gegen Lettland standen alle Zeichen auf Sieg, doch nach einer 1:3-Niederlage war das Turnier schnell beendet. Hiller konnte die zwei Gegentore im ersten Drittel bei insgesamt 19 Saves nicht verhindern, beim dritten Treffer hatte er sein Tor bereits zugunsten eines weiteren Feldspielers verlassen.
Hiller belegte in einem Weltklassefeld mit zwei Shutout-Siegen, einem Gegentorschnitt von 0,67 pro Spiel und einer Fangquote von 97,06 Prozent den zweiten Platz unter den Torhütern des Turniers.
Obwohl Hiller seine NHL-Karriere im Frühjahr 2016 beendete und in seine Heimat zurückkehrte, hing er die Schlittschuhe noch nicht an den Nagel und lief weitere vier Jahre für den EHC Biel-Bienne auf. Nachdem die NHL-Spieler keine Freigabe für die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang erhielten, fehlten dort viele der ganz großen Topstars. Hiller war erneut im Kader von Trainer Patrick Fischer, der allerdings im ersten Spiel gegen Kanada Leonardo Genoni den Vorzug gab. Nach dem vierten Gegentor bei zwölf Schüssen waren jedoch ab dem Ende der 26. Spielminute erneut Hillers Dienste gefragt und er machte seine Sache mit 15 Saves und ohne Gegentor so gut, dass er in den anschließenden Spielen wieder erste Wahl war. Kanada erzielte nur noch einen Empty-Net-Treffer zum 5:1-Endstand.

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Im zweiten Gruppenspiel gegen Gastgeber Südkorea behielt die Schweiz mit 8:0 die Oberhand. Der Spielverlauf war nicht so deutlich wie das Ergebnis, denn Hiller feierte mit 25 Saves seinen dritten Shutout bei Olympia. Gegen Tschechien setzte es eine 1:4-Niederlage, doch Hiller hielt die Partie mit 24 Paraden lange offen, ehe die Tschechen durch zwei Empty-Net-Tore davonzogen.
In der Viertelfinal-Qualifikation stand die Begegnung mit dem Erzrivalen Deutschland auf dem Programm. An Hiller lag es erneut nicht, dass nach 26 Sekunden in der Verlängerung mit dem 1:2 das Aus kam. 23 Rettungstaten hatte der Torhüter gezeigt und war sichtlich enttäuscht, dass es wiederum ein frühes Aus bei Olympia gab. Kurze Zeit später erklärte der gerade 36 Jahre alt gewordene Hiller seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft.
Seine Bilanz bei drei olympischen Spielen kann sich trotz fehlendem Medaillengewinn sehen lassen: Zwölf Spiele, fünf Siege, sechs Niederlagen, drei Shutouts, ein Gegentorschnitt von 1,58 pro Spiel, 299 Saves bei 318 Torschüssen mit einer Fangquote von 94,03 Prozent.
Mit diesen Werten hat sich Hiller definitiv einen großen Namen in der olympischen Geschichte gemacht, den er als bester Schweizer Torhüter in der NHL ebenfalls bereits erworben hatte. Gerber und David Aebischer haben zwar als Backup jeweils einen Stanley Cup gewonnen, doch an die 404 NHL-Einsätze und 197 Siege von Hiller kommen beide nicht heran.