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U S A. Rießige blaurote Letter zieren die Vorderseite der amerikanischen Jerseys. Wie eine Banderole verlaufen sie von der rechten Brustseite nach links unten. Beim wohl emotionalsten Moment der Junioren Weltmeisterschaft 2017 war dieser Schriftzug jedoch nicht zu erkennen, weil er verdeckt war. Verdeckt von den 22 amerikanischen Juniorennationalspielern, die sich zu einer Menschentraube zusammengeworfen hatten.

In der Mitte lag US-Keeper Tyler Parsons. Die Nummer 31 avancierte mit fünf vereitelten Penalties im Finalkrimi gegen Kanada zum Helden. Nachdem er den letzten Versuch des Kanadiers Nicolas Roy parierte und den Finalsieg besiegelte, überkam ihn ein Sturm der Gefühle. Die Emotionen brachen nur so aus ihm heraus. Er sprang aus dem Spagat auf, schleuderte seine Torwartkelle in die Luft, riss sich die Stars-and-Stripes-Maske vom Kopf und stürmte seinen Teamkollegen eilig entgegen.
Die Amerikaner hatten soeben ihren vierten U-20 WM-Triumph nach Titelgewinnen in 2004, 2010 und 2013 erzielt. Vor einer für ein Nachwuchsspiel unbeschreiblichen Kulisse von 20.173 Zuschauern im Bell Centre kämpften sie sich gegen Kanada zurück und behielten im Penaltyschießen die besseren Nerven. US-Stürmer Troy Terry, der tags zuvor mit drei Penaltytreffer Konkurrent Russland ausschaltete, verwandelte als einziger seinen Penalty und bereitete den USA den Weg für diesen goldenen Moment.

"Es war so ein hin und her Spiel", erklärte Terry. "Wir lagen zwei Mal mit zwei Toren hinten. Ich denke, als wir mit 2-0 hinten lagen und auf ein Unentschieden rankamen, haben wir etwas Selbstvertrauen getankt. Das war schlimm, dann direkt wieder mit zwei Toren hinten zu liegen. Aber wir waren überzeugt, dass wir als Team weiter spielen müsen. Wir hatten das Selbstvertrauen, wieder ins Spiel zurückzufinden."
Den an diesem Abend unterlegenen Kanadiern besorgte Verteidiger Thomas Chabot wenige Tage vorher ebenfalls einen unverkennbaren Augenblick. Chabot, der nach der Finalniederlage zum wertvollsten Spieler des Turniers gekürt wurde, schoss Kanada gegen die Tschechische Republik in das Halbfinale.

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In der 37. Spielminute trudelte das Spielgerät zu Chabot an der blauen Linie. Dann bewies jener sein Talent. Erst tanzte er durch zwei ihm entgegenkommende Tschechen, dann schloss er trocken in das linke obere Eck des tschechischen Tores ab.
"Ich bin stolz darauf, was ich in diesem Turnier geleistet habe", erzählte ein sichtlich berührter Chabot, nachdem er zum MVP geehrt wurde. "Aber diese Niederlage schmerzt so sehr. Ich habe alles gegeben, was ich habe, um dieses Land zu vertreten. Ich wollte meinem Team zum Sieg verhelfen. Ich bin vielleicht zum MVP gewählt worden, aber mein Herz ist gebrochen."
Freud und Leid lag auch bei den Schweizern nah beieinander. Im Viertelfinale kämpften sie sich nach einem frühen 2-0 Rückstand gegen die USA furios zurück ins Spiel. Letztendlich hingen die Trauben jedoch zu hoch. 16 Sekunden Bevor die Amerikaner den Eidgenossen mit dem 3-2 den Genickschlag verpassten, sorgte Nico Hischier in Spielminute 46 für eine unvergessliche Situation.
In Überzahl schnappte er sich die Scheibe aus einem Gedränge, umkurvte das US-amerikanische Tor von links nach rechts und schob ein. Den Fans im Bell Centre, die nun geballt hinter den Schweizern standen, stockte der Atem.
"Irgendwie kam der Puck zu mir", erklärte Hischier. "Also habe ich versucht, ihn neben den Pfosten zu stecken. Das hat nicht geplappt. Dann habe ich die Möglichkeit gesehen, das Tor von hinten zu umkurven. Das hat zum Glück geklappt."