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Am 1. Januar 2017 eröffnete die National Hockey League mit dem Eröffnungsbully zum Scotiabank NHL Centennial Classic die Feierlichkeiten zur Jahrhundertsaison. Seit ihrer Gründung im Jahr 1917 sah die Liga zahlreiche Kultpersönlichkeiten.
Während dem Jahr 2017 wird euch NHL.com/de jeden Samstag mit zahlreichen Geschichten über die vergangenen 100 Jahre versorgen.

In dieser Rubrik werfen wir das Licht auf diejenigen, welche die deutsche, österreichische oder Schweizer Fahne in der Geschichte der Liga hoch gehalten haben. In dieser Ausgabe: Reinhard Divis.
Das österreichische Eishockey war lange Zeit mit der Nationalmannschaft nur zweitklassig und sie sind bis heute eine Fahrstuhlmannschaft zwischen der Division I und der A-Weltmeisterschaft der besten 16 Nationen.
Für Spieler aus der Alpenrepublik war es deswegen deutlich schwieriger in Nordamerika Fuß zu fassen, als denen aus Deutschland und der Schweiz, die schon in den 80er und 90er Jahren erste Akteure in der NHL aufbieten konnten.
Dem Torhüter Reinhard Divis wurde häufiger nachgesagt, dass er kein einfacher Zeitgenosse sei und über eine gewisse Eigenwilligkeit verfüge. Vielleicht waren gerade diese Eigenschaften, insbesondere sein ausgeprägter Ehrgeiz, die ihn dazu ermutigten den Schritt in das Ausland zu wagen.

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Nach fünf österreichischen Meisterschaften in Folge (1994-98) mit dem VEU Feldkirch und dem sensationellen Gewinn der European Hockey League, wechselte Divis für zwei Spielzeiten nach Schweden zu Leksands IF.
Als der am 4. Juli 1975 im Wien geborene Divis im NHL Draft 2000 bereits mit fast 25 Jahren von den St. Louis Blues an insgesamt 261. Stelle ausgewählt wurde, witterte er seine Chance, den Traum von der NHL wahr werden zu lassen und ging 2001 nach Nordamerika.
Im Trainingscamp von St. Louis konnte er sich jedoch gegen die starke Konkurrenz von Brent Johnson und Fred Brathwaite nicht gleich durchsetzen und landete zunächst im AHL Farmteam bei den Worchester Ice Cats. Dort holte er in 55 Spielen 28 Siege und 5 Unentschieden, drei Shutouts bei einer Fangquote von 90,3 Prozent und einen Gegentorschnitt von 2,59. Gelegentlich wurde er bereits in die NHL geholt, um als Backup zu fungieren.
Am Morgen des 7. April erfolgte die nächste Berufung, weil die Nummer 1 Johnson unpässlich war. Im Tor am Abend stand Brathwaite, die etatmäßige Nummer 2 der Blues. Es ging im Heimspiel gegen den amtierenden Stanley Cup Sieger Colorado Avalanche. In der 34. Minute kassierte der Torhüter den dritten Gegentreffer mit dem lediglich elften Torschuss, was Trainer Joel Quenneville veranlasste, ihn herauszunehmen und Divis zu seinem NHL-Debüt zu verhelfen.
Viel zu tun bekam der Österreicher in seinen 25:06 Minuten Eiszeit nicht mehr, denn gerade einmal vier Torschüsse von Colorado fanden in dieser Zeit den Weg auf sein Tor. Diese konnte er alle abwehren, aber das verhinderte nicht, dass die Mannschaft der Blues am Ende den Avalanche mit 2-4 unterlagen. Die Gäste hatten noch ein weiteres Mal getroffen, als Divis seinen Kasten zu Gunsten eines sechsten Feldspielers verlassen hatte.
Glück hat ihm dieser Auftritt nicht gebracht, denn es blieb sein einziger in dieser Saison, welche die Blues mit 98 Punkten auf dem 2. Platz in der Central Division abschlossen. In den Playoffs gewannen sie in der ersten Runde die Serie gegen die Chicago Blackhawks mit 4-1, ehe sie im Conference Halbfinale gegen den späteren Stanley Cup Sieger Detroit Red Wings mit 1-4 unterlagen.

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Divis kam nie über die Rolle des Reservisten heraus. In der Folgesaison stoppte ihn eine langwierige Verletzung und minimierte ihn auf zwei Einsätze in der NHL und neun in der AHL, doch der kantige Torhüter gab nicht auf.
Zu Beginn des Jahres 2004 wurde Johnson auf die Waiverliste gesetzt und Divis erhielt seinen ersten Ein-Wege-Vertrag. Er etablierte sich als Backup von Chris Osgood.
Zu seinen Chancen Nummer 1 zu werden sagte er damals im Interview mit Eishockey.com: "Das ist ein sehr weiter Weg. Ich bin hier Zweiter hinter einem Torhüter, der schon zwei Mal den Stanley Cup gewonnen hat und kann daher kaum mit solchen Gedanken spielen. Ich gebe mein Bestes und versuche mich hier zu etablieren. Ich denke, dass die Trainer mit mir deswegen sehr zufrieden sind. Alles andere kommt von selber und kann nicht von heute auf morgen passieren, erst recht nicht, wenn ein Stargoalie vor einem sitzt."
Nach einem Jahr in Österreich, als in der NHL wegen des Lockouts die komplette Saison 2004/05 ausfiel, kehrte Divis 2005-06 noch einmal zu den Blues zurück, doch neben zwölf NHL-Einsätzen, in denen er keinen einzigen Sieg verbuchen konnte, ging der Weg auch wieder in die AHL.
Im darauf folgenden Sommer war das Kapitel NHL für Divis beendet und er unterschrieb in Salzburg, mit denen er in der Folge noch vier Mal österreichischer Meister wurde. Er beendete seine aktive Karriere 2012 bei den Vienna Capitals und arbeitet heute als Torwarttrainer beim Eishockeyklub EC KAC in Klagenfurt.
Im Jahr 2012 zum 100-jährigen Jubiläum des österreichischen Eishockeyverbandes wurde Reinhard Divis zum österreichischen Jahrhundert-Torwart ernannt. Eine Auszeichnung, an der es kaum einen Zweifel gab, dass diese ihn treffen würde. Schließlich war er der einzige Torhüter aus Österreich, der es bis heute in die NHL schaffte, was nicht das einzige Kriterium gewesen sein dürfte, aber ein wichtiges allemal.
Heute ist Österreich durch die Stürmer Thomas Vanek (zuletzt Florida Panthers), Michael Raffl (Philadelphia Flyers) und Michael Grabner (New York Rangers) in der NHL dreifach vertreten. Divis hat sich durch seinen Mut nach Nordamerika zu gehen, den historischen Titel, der erste seines Landes in der NHL gewesen zu sein, redlich verdient.