Karlsson March goal

Es war irgendwie symptomatisch für die bisherige Saison des Teams: Deryk Engelland von den Vegas Golden Knights schnappte sich unbeirrt und lächelnd, entgegen abergläubischer Traditionen, wonach das Berühren der Trophäe Unglück bringen soll, den Clarence S. Campbell Bowl, der dem Gewinner der Western Conference überreicht wird. Sein Team hatte am Sonntag Spiel 5 des Western Conference Finales gegen die Winnipeg Jets mit 2:1 gewonnen und sie waren mit 4:1 Siegen tatsächlich in das Stanley Cup Finale eingezogen - und das als neuestes Expansion Team in seiner ersten NHL-Saison.

Es macht sich der Eindruck breit, als wäre der Weg zum NHL-Titel für das junge Franchise irgendwie vorgezeichnet. Nach dem glatten 4:0 über die Los Angeles Kings zum Auftakt der Playoffs und dem danach folgenden 4:2-Serienerfolg über die San Jose Sharks, konnte nun auch Winnipeg, das Wunderteam nicht ansatzweise aufhalten. Sie verloren nach dem Auftaktsieg im Conference Finale die folgenden vier Begegnungen.
Während die Stimmung rund um das Bell MTS Place in Winnipeg nach Spiel 5 eher mau war, erreichte die Begeisterung rund um die Golden Knights in den Stunden danach nie zuvor erlebte Höhepunkte.
Die Übergabe des Western Conference Champions-Pokal verdeutlichte ein weiteres Mal, wie groß das Selbstvertrauen bei den Golden Knights ist, wie sie an sich und ihren Team-Erfolg glauben.
Jetzt, wo das Team zudem in den Genuss einer mehrtägigen Pause kommt, während der auch ihr kommender Gegner für das Stanley Cup Finale zwischen den Washington Capitals und den Tampa Bay Lightning ermittelt wird, kann Vegas frische Kräfte sammeln, während sich die Konkurrenz weiter abmühen muss.
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Ein hoch einzuschätzender Vorteil, der Vegas schon im Conference Finale entscheidend genutzt haben dürfte. Denn während die Jets direkt nach Spiel 7 ihrer Serie gegen die Nashville Predators in das Conference Finale gehen mussten, wirkten die Knights in diesem Duell auf Dauer wesentlich frischer und zudem in den entscheidenden Phasen ideenreicher.
Somit konnte das Franchise aus Nevada, obwohl es wahrlich nicht immer den besseren Eindruck auf dem Eis hinterließ, wenn es darauf ankam wiederholt eiskalt zuschlagen, so wie am Wochenende. Mit fortschreitender Spieldauer wirkten die Jets irgendwie ausgelaugt. Am Ende, als es darum ging den knappen Rückstand aufzuholen, hatten sie nicht mehr viel zuzusetzen.
Die Trophäe, entgegen der Tradition, anschließend einfach zu berühren, sie sogar mit in die Kabine der Knights zu nehmen und dort diverse Fotos mit ihr zu machen, das war im Übrigen beileibe keine Einzelentscheidung von Engelland, wie dieser betonte. "Das haben wir in der Gruppe entschieden", beteuerte er hinterher, nachdem ihm verdutzte Reporter wiederholt Fragen dazu gestellt hatten.

Jetzt fehlen den Golden Knights also wirklich nur noch vier weitere Siege bis zum Titelgewinn. Die Mission '16-W' ist längst keine bloße Utopie mehr in Las Vegas. "Das ist schon irre", betonte Engelland stolz.
"Wir müssen uns jetzt alle schon ein wenig kneifen, um wirklich endgültig zu begreifen, dass das alles so wirklich Realität ist", räumte Jonathan Marchessault freimütig ein. "Das hätte man sich ja im Vorfeld gar nicht besser ausmalen können."
Extrem profitiert hat Vegas auch in dieser Runde wieder von den herausragenden Leistungen seines Torhüters Marc-Andre Fleury. Er war letztendlich der große Garant dafür, dass Winnipeg in den letzten vier Begegnungen insgesamt nur magere sechs Treffer markieren konnte.

Der 33-Jährige hatte in dieser Serie eine Fangquote von über 93,8 Prozent. Er wird vermutlich ein ganz entscheidender Faktor auf dem weiteren Weg des Franchises sein, wenn das mit dem Titelgewinn am Ende klappen sollte.
Mit Sorge wurde am Sonntag jedoch registriert, dass sich Fleury wiederholt mit der Hand an die Hüfte griff, wenn er zu extremen Paraden gezwungen worden war. Einer womöglich ernsthaften Verletzung wird die nun folgende Erholungspause gut tun.
"Ihr Torwart war ganz herausragend", lobte Jets-Spieler Blake Wheeler nach dem Ausscheiden Fleury. Auch Connor Hellebuyck war von der Leistung seines Gegenüber schwer angetan. "So etwas habe ich bisher noch nicht gesehen."
"Wir haben als Gruppe das ganze Jahr über hart gearbeitet. Jetzt kommt irgendwie alles zusammen für uns. Es läuft prima, doch das zählt am Ende alles nichts, wenn wir es jetzt nicht zu Ende bringen und das ganz große Ziel erreichen", ergänzte Marchessault.
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Das Märchen der Golden Knights steht also kurz vor der Vollendung. Doch seien wir ehrlich, die wohl größte Herausforderung, die wird der Truppe von Gerard Gallant im Stanley Cup Finale erst bevorstehen.
Dessen sind sich die Akteure des neuen Western Conference-Champions völlig bewusst. Doch es spricht inzwischen in der Tat nicht mehr allzu viel dagegen, dass das Märchen am Ende tatsächlich sein 'Happy End' erhalten wird.
Eine, der dann womöglich schönsten Geschichten des Profisports nimmt immer mehr Form an. Wäre es nicht schade, wenn die Geschichte jetzt noch eine unglückliche Wendung nehmen würde?