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Die NHL-Saison 1992/93 liegt 30 Jahre zurück. NHL.com/de nimmt dies zum Anlass, in einer Serie an eine denkwürdige Spielzeit in der langen Ligageschichte zu erinnern.
In dieser Ausgabe: Mario Lemieux spielt eine historische Saison.

1992/93 war eine NHL-Spielzeit die für sehr viele Besonderheiten und Highlights in Erinnerung bleiben wird. Als allererstes dürften viele Eishockeyfans in aller Welt an Mario Lemieux denken, der vor 30 Jahren aus vielfältigen Gründen große Emotionen hervorrief.
Der legendäre Center der Pittsburgh Penguins gewann im Laufe seiner beeindruckenden Karriere unter anderem dreimal die Hart Trophy als wertvollster Spieler der Liga, sechs Art Ross Awards als bester Punktesammler der NHL und zwei Stanley Cups in den frühen 1990er Jahren. Seine Statistiken sind in jeder Hinsicht beeindruckend. Und dennoch stellt sich die Frage, wie gut Super-Mario wirklich war? Nach seinem ersten Karriereende im Jahr 1997 wurde er sofort in die Hall of Fame aufgenommen, kehrte dann zurück und spielte weitere fünf Spielzeiten lang auf höchstem Niveau.

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Doch trotz seiner jahrelangen sportlichen Dominanz, die der von Wayne Gretzky in wenig nachsteht, ragt die Saison 1992/93 von Lemieux heraus, und das nicht nur wegen seiner Leistungen auf dem Eis, sondern auch und gerade wegen dem, was er abseits des Eises erleiden musste. Man stelle sich nur einmal vor, dass ein NHL-Spieler heutzutage 160 Punkte in nur 60 Spielen erzielt - und dann stelle man sich zudem vor, dass es diesem Spieler gelingt, obwohl er zwischenzeitlich wegen einer Krebsbehandlung fast zwei Monate lang ausfällt. Genau so erging es Lemieux, der 1988/89 mit 199 Punkten (85 Tore, 114 Assists) in 76 Spielen seinen persönlichen Bestwert aufstellte. Seine Karriere hätte womöglich noch ganz andere Dimensionen erreichen können, wenn ihm seine Krankheit und Verletzungen nicht von Zeit zu Zeit einen kräftigen Strich durch die Rechnung gemacht hätten.
Bleibende Erinnerungen rief Lemieux auch bei Ex-Bundestrainer Uwe Krupp hervor, dem jetzigen Coach der Kölner Haie in der DEL, vor 30 Jahren aber noch in Diensten der New York Islanders in der NHL als Verteidiger auf dem Eis stand. "Ich habe in meiner Karriere viele Minuten gegen Mario auf dem Eis gestanden. Was ihn auszeichnete war die Kombination seiner Reichweite und körperlichen Substanz, verbunden mit außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten, die er dazu nutzte, seine Mitspieler einzusetzen und natürlich seinem instinktiven Talent, Tore zu schießen. Mario war eine Scoring-Maschine", sagte Krupp auf Nachfrage von NHL.com/de.
Vor der schockierenden Ankündigung, dass Lemieux die Penguins vorübergehend verlassen würde, um ein Hodgkin-Lymphom im Frühstadium zu behandeln, war der damals 27-Jährige auf dem besten Weg, der zweite Spieler in der Geschichte der NHL zu werden, der 200 Punkte in einer Saison erzielt. Er begann das Jahr mit zwölf Spielen in Folge, in denen er mehr als einen Zähler pro Begegnung verbuchen konnte, und beendete den Monat Oktober mit 36 Punkten aus nur elf Spielen.
Im November ließ sein Torriecher zwischenzeitlich etwas nach - obwohl 29 Punkte in 15 Spielen wohl kaum als eine Enttäuschung bezeichnet werden können. Im Dezember legte Lemieuxs Punkteausbeute wieder kräftig zu. Er erzielte acht Tore und 28 (!) Assists in zwölf Spielen und ging mit 101 Punkten aus 38 Spielen in das neue Jahr. Lemieux schien zu diesem Zeitpunkt auf dem besten Weg zu sein, Gretzkys unglaublichen Rekord von 215 Punkten in einer einzigen Saison zu brechen.
Doch gerade als Lemieux die 100-Punkte-Marke überschritten hatte, bemerkte er einen Knoten in seinem Nacken. Lemieux hatte sich bereits Jahre zuvor mit Krebs beschäftigt, als die Schwägerin seines Agenten an der Krankheit gestorben war, und er wusste, dass er sich untersuchen lassen musste. Ein Arzt bestätigte ihm, dass es sich um ein frühes Stadium eines Hodgkin-Lymphoms handelte.
Lemieux begann noch im selben Monat mit einer Bestrahlungsbehandlung und ging davon aus, dass er nicht nur die Krankheit besiegen, sondern auch später in der Saison wieder spielen würde. Die Ärzte waren ebenso optimistisch wie er und meinten, dass der Spieler nach seiner drei- bis vierwöchigen Strahlenbehandlung wieder in das sportliche Geschehen würde eingreifen können.

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Dennoch fragten sich Fans und Teamkollegen, wie es wohl mit ihm weitergehen würde. Würde Super Mario tatsächlich noch in dieser Saison zurückkehren können? Wie lange würde es wirklich dauern, bis er wieder zu seiner alten Topform zurückfindet? Könnte er die Penguins im weiteren Saisonverlauf zurück an die Tabellenspitze der NHL führen und womöglich nach 1991 und 1992 einen dritten Stanley Cup in Folge einfahren?
Lemieux beantwortete die meisten dieser Fragen am 2. März bei seiner triumphalen Rückkehr auf das Eis in einem Spiel gegen die Philadelphia Flyers. Es wirkte, als wäre er nie weg gewesen. Der Kapitän der Penguins erzielte ein Tor und gab einen Assist, obwohl er sich selbst an diesem Tag noch einer Strahlenbehandlung unterziehen hatte müssen.
Doch so erfreut an diesem Tag auch alle waren, es lagen zu diesem Zeitpunkt noch einige sportliche Herausforderungen vor dem Stürmer. In der Torschützenliste lag er zwölf Punkte hinter dem Star der Buffalo Sabres, Pat LaFontaine, und da Pittsburgh in seiner Abwesenheit nur eine Bilanz von 11-10-2 vorweisen konnte, brauchten die Penguins einen Lemieux-Effekt, um am Ende den ersten Platz in der Conference zu erreichen. Zur Überraschung vieler kam Lemieux dieser immensen Erwartungshaltung nach.
Nachdem er am 5. März bei der Niederlage gegen die New York Rangers ohne Punkt geblieben war, erzielte er in den folgenden 15 Spielen 46 Punkte, wobei er 22 Tore und 24 Assists beisteuerte. Der Höhepunkt gelang Lemieux am 18. und 20. März, als er in zwei Spielen insgesamt acht Tore schoss, was seinem Stürmerkollegen Kevin Stevens dazu veranlasste, gegenüber der Tageszeitung Pittsburgh Post-Gazette zu erklären: "(LaFontaine) ist im Moment wahrscheinlich ein bisschen nervös. Wenn er seinen Vorsprung halten kann, ist das ein Verdienst von ihm, aber ich habe immer noch auf Mario gesetzt, dass er ihn schlägt. Und ich glaube, das wird er auch." Und so kam es dann auch.
Im Finale der regulären Saison - einem 6:6-Unentschieden gegen die New Jersey Devils - fügte Lemieux seinem Konto zwei weitere Tore und einen Assist hinzu und gewann mit insgesamt 69 Toren, 91 Assists und zwölf Punkten Vorsprung vor LaFontaine (53 Tore, 95 Assists) tatsächlich noch die NHL-Scorerwertung.

Sportlich blieb Lemieux und seinen Mitstreitern der ganz große Wurf zum Saisonende verwehrt. Denn obwohl er die Penguins zur besten Bilanz in der NHL führte, war eine dritte Meisterschaft in Folge, die ein passender Abschluss dieser historischen Saison gewesen wäre, für Pittsburgh nicht drin. Die Penguins setzten sich in der ersten Runde der Stanley Cup Playoffs gegen die Devils in fünf Spielen durch, verspielten dann aber eine 3:2-Führung gegen die Islanders und verloren Spiel 7 mit 3:4 durch ein Tor von David Volek nach 5:16 Minuten in der Verlängerung. Begegnungen, an die sich auch Krupp noch gut erinnern konnte: "Ich erinnere mich sehr gut an die Pacific Division Duelle mit Pittsburgh zu meiner Zeit bei den Islanders. Die Penguins hatten die beste Mannschaft, Scotty Bowman als Trainer und man konnte jede Menge Superlative anwenden, um diese Truppe zu beschreiben."
Trotz des Scheiterns in den Playoffs, war es unumstritten, wer in dieser Saison der beste Spieler der Liga gewesen war. Lemieux gewann nicht nur seinen vierten Titel als Top-Torschütze, sondern auch seine zweite Hart Trophy und wurde mit dem Lester B. Pearson Award ausgezeichnet. Außerdem gewann er die Bill Masterton Trophy, die dem Spieler verliehen wird, der "die Qualitäten von Ausdauer und Sportsgeist am besten demonstriert".
Es war ein passender Abschluss für eine unglaubliche Saison von Lemieux, der die Art von Willen und Entschlossenheit zeigte, die seine Leistung von 1992/93 zu einer für die NHL-Geschichtsbücher machte.