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In Montreal wird Eishockey gelebt. In kaum einer Stadt steht die schnellste Mannschaftssportart so im Mittelpunkt des täglichen Lebens wie in der Metropole am Sankt Lorenz Strom. Die Fans der Canadiens leiden und freuen sich gemeinsam mit ihrem Team, wie nirgendwo anders. Sie gehen aber auch immer wieder bei mangelnden Erfolgen sehr kritisch mit ihren Eishockeystars ins Gericht.

Der Saisonverlauf der Canadiens gleicht, angesichts der hohen Ansprüche die vom Umfeld an sie gestellt werden, einer Achterbahnfahrt. Dank eines überragenden Starts in die aktuelle Spielzeit - zum Auftakt konnten sie in zehn Spielen hintereinander punkten - lagen die Frankokanadier fast durchgängig auf dem ersten Platz in der Atlantic Division. Anfang Februar holten die Canadiens aus sieben Spielen nur drei Punkte (1-5-1). Die Konkurrenz schlief nicht und Montreals Vorsprung schrumpfte gegenüber den Ottawa Senators, die zu diesem Zeitpunkt fünf Spiele weniger bestritten hatten, auf acht Zähler.
Das Management der Canadiens entschied sich dazu, es mit einem neuen Cheftrainer zu versuchen. Claude Julien übernahm den keineswegs leichten Posten von Michelle Therien, und der Rekord-Stanley Cup Champion punktete wieder regelmäßig. Dennoch liegen die Canadiens, Stand heute, nur noch einen Zähler vor ihren Landsleuten aus der kanadischen Hauptstadt. Angesichts dessen, dass die Senators immer noch zwei zu absolvierende Spiele mehr in der Hinterhand haben, gerät Montreals 24. Divisionstitel in Gefahr.

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Julien hat schon einiges in der frankokanadischen Metropole bewegt, doch sind auch noch einige Baustellen offen - eine davon ist die Defensivabteilung. Kein einziger Verteidiger der Canadiens kann in der Summe der letzten 17 Auftritte seit dem 1. Februar einen positiven +/-Wert ausweisen. Gerade die erfahrenen Verteidiger, wie ein Shea Weber, ein Andrei Markov, ein Alexei Emelin oder ein Jeff Petry blieben in den Wochen vor dem Trainerwechsel weit hinter den in sie gesetzten Erwartungen zurück. Weber, der im Sommer vergangenen Jahres als hochgehandelter Neuzugang von den Nashville Predators in die kanadische Eishockeyhochburg kam, wies in den letzten sieben Partien unter Therrien mit -7 sogar den schlechtesten +/-Wert aller Canadiens aus. Schlussmann Carey Price stand im gleichen Zeitraum häufig auf verlorenem Posten. Sein Gegentrefferschnitt von 3,41 und seine Fangquote von 87,9 Prozent waren eines Vezina- und Hart Trophy Gewinners (2014/15) nicht würdig.
An diesen Schwachstellen der Frankokanadier setzte Montreals neuer Cheftrainer an. Während seiner zweiten Amtszeit in Montreal ließ der 56-jährige Übungsleiter neun verschiedene Verteidiger auflaufen. Fünf davon, Weber, Markov, Petry, Emelin und der 24-jährige Nathan Beaulieu waren gesetzt. Mit der Verpflichtung von Jordie Benn von den Dallas Stars, im Gegenzug gaben sie Verteidiger Greg Pateryn an die Texaner ab, eines Nikita Nesterov von den Tampa Bay Lightning und eines Brandon Davidson von den Edmonton Oilers versuchten die Canadiens ihren Verteidigungsreihen mehr Tiefe zu geben - mit wechselndem Erfolg.
In vier der sechs Partien seit dem Ende der NHL-Wechselfrist kassierten die Frankokanadier nur ein Gegentor, doch gegen die Calgary Flames und zuletzt zuhause gegen die Chicago Blackhawks waren es insgesamt deren neun. Julien ist noch auf der Suche nach den idealen Verteidigerpaaren. Weber und Markov stehen außer Frage: In diesem Monat kamen sie bei sechs Auftritten auf einen +/-Wert von +5 sowie +4 und liegen damit teamintern ganz vorne.
Sorgen kann einen noch das Defensivverhalten von Emelin machen. Der 30-jährige Russe stand sowohl beim 0-5 Debakel in Calgary, wie auch bei der 2-4 Heimschlappe gegen Chicago bei drei Gegentoren mit auf dem Eis. Von ihm muss einfach mehr kommen. Julien käme es nicht in den Sinn gegenüber der Öffentlichkeit einen seiner Protagonisten harsch zu kritisieren. Er stärkt nach außen hin jedem seiner Spieler im Kader den Rücken, spricht Fehler intern in der Kabine an, und ihm ist auch klar, dass jeder einmal durch ein Leistungstief gehen muss, doch manch ein Blueliner der Canadiens sollte dieses schnell durchschreiten.

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Möchten die Canadiens als Divisionserster in die Stanley Cup Playoffs der Eastern Conference einziehen, brauchen sie drei solide Verteidigerpaare, denn Price, der wieder an altbekannte Leistungen anknüpfen konnte - Rettungsquote 94,5 Prozent, Gegentrefferschnitt 1,48 in den zehn Partien unter Julien - kann es nicht alleine richten.
Am kommenden Samstag (19:00 Uhr ET) treten die Canadiens im Canadien Tire Centre der kanadischen Hauptstadt bei den Ottawa Senators an - ihrem ärgsten Konkurrenten um die Divisionskrone. Ein hart umkämpfter Schlagabtausch in dem innerkanadischen Duell ist zu erwarten.