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Als der Puck am 1. Januar 2017 beim Eröffnungs-Bully des NHL Centennial Classic in Toronto erstmals auf das Eis fiel, da eröffnete die National Hockey League zugleich offiziell die Feierlichkeiten rund um ihren 100. Geburtstag. Im Jahre 1917 gegründet, ist die Ligageschichte inzwischen reich an Eishockeygeschichten und Ikonen des Sports, spielten schier unzählige Teams und Aktive in ihr eine große Rolle.
An jedem Samstag während des gesamten Jahres 2017, wird NHL.com/de die herausragenden Personen und Teams dieser 100-jährigen Geschichte an dieser Stelle vorstellen.

Innerhalb dieser Reihe tauchen wir auch ein in eine Serie der herausragenden Mannschaften, welchen es gelang zu echten Sportdynastien ihrer Generation heranzureifen, ihre Zeit in der Liga zu dominieren. In dieser Ausgabe: Die Chicago Blackhawks der Jahre 2010 bis 2015.
Als ich im Frühjahr 2007 erstmals die Gelegenheit hatte mir einige Heimspiele der Chicago Blackhawks live vor Ort im dortigen United Center anzuschauen, da war noch nicht im Ansatz abzusehen, dass das Team nur wenige Jahre später zu einer Spitzenmannschaft in der besten Eishockeyliga der Welt heranreifen würde.
Damals spielte man selbst in den berüchtigten Derbys gegen Detroit Red Wings nicht vor vollen Rängen, bevorzugten viele Eishockeyfreunde der Region sogar schon/noch den Besuch der Heimspiele der benachbarten Chicago Wolves aus der AHL.
Nun, rund 10 Jahre später, können die Blackhawks auf drei weitere Titel in der NHL, auf eine wirkliche Eishockeydynastie zwischen den Jahren 2010 und 2015 zurückblicken. Doch genauso schnell wie diese erfolgreiche Phase eingeleitet werden konnte, so schnell war sie dann auch wieder vorbei, nachdem das Team in den Playoffs der Jahre 2016 und 2017 nun keine entscheidende Rolle mehr spielen konnte, der noch immer hochkarätig besetzte Kader des Teams langsam in die Jahre zu kommen droht, ohne dass die Franchise in einem mit Salary Cap organisierten Ligasystem viele Spielräume für einen grundlegenden Neuaufbau hätte.

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Das Team aus Chicago dient somit aktuell ein klein wenig als Musterbeispiel für Vor- und Nachteile einer Gehaltsobergrenze im Teamsport. Hier bei uns in Mitteleuropa, wo viele Ligen aufgrund der Ungleichheiten inzwischen den Mannschaften so langsam langweilig zu werden drohen, verwiesen sei hier nur kurz auf das Beispiel Bayern München in der Fußball-Bundesliga, wäre man wohl überwiegend froh, wenn man diese natürliche Verhinderung einer langandauernden Übermacht irgendwie realisiert bekommen würde.
Unter diesen komplizierten Voraussetzungen in der NHL ist es allerdings auch umso höher einzuschätzen, dass Chicago den NHL-Titel der Jahre 2010, 2013 und 2015 gewinnen konnte.
Das Team muss sich, auch wenn es nicht einmal einen Titel erfolgreich verteidigen konnte, hinter den klassischen Dynastien im nordamerikanischen Eishockey nicht verstecken. Ganz im Gegenteil!
Ein Team über einen solchen Zeitraum stets unter den absoluten Spitzenmannschaften einer 30er-Liga gehalten zu haben, das können sich die Verantwortlichen wirklich hoch anrechnen lassen.
Denn das Salary Cap System wurde ja gerade dazu installiert um solche über längere Zeiträume dominierenden Teams möglichst zu verhindern, deren Organisation zumindest deutlich zu erschweren.
Und das auch mit Erfolg. Schließlich konnte jüngst mit den Pittsburgh Penguins, die ihren Titel aus dem Jahre 2016 im Frühsommer 2017 erfolgreich bestätigten, erstmals seit rund 20 Jahren ein Team den Stanley Cup verteidigen.

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Doch trotz dieser erschwerten Bedingungen konnten die Blackhawks ihre Dominanz eben zuletzt über fünf Jahre erfolgreich fortführen, auch wenn es am Ende nicht immer zum ganz großen Titel reichte.
Zwischen 2009 und 2015 gewann die Original Six-Franchise 76 Playoff-Begegnungen. Das nächstbeste Team 'nur' deren 54. Das zeigt schon, wie erfolgreich diese Phase der Ligageschichte für die Mannschaft aus der Windy-City war.
Mit der Saison 2015-16 endete dann aber diese Dominanz. Das Aus in der KO-Phase gegen die St. Louis Blues erfolgte, wie auch in diesem Frühjahr gegen die Nashville Predators, bereits in der ersten Runde.
Die Blackhawks waren fortan (bzw. sie sind) zwar noch immer gut, aber eben nicht mehr wirklich herausragend. Auch die beiden verbliebenen Superstars der Dynasty, Jonathan Toews und Patrick Kane, kamen zuletzt nicht mehr ganz an die zuvor gezeigten Leistungen heran. Und dennoch waren die beiden 2015-16, in einem Jahr als es für das gesamte Team nicht mehr so gut lief wie zuvor gewohnt, noch immer die beiden besten Spieler im Team aus dieser goldenen Ära.

Kane-Toews-Cup 4-15

Die Probleme der Franchise mit den Rahmenbedingungen begannen streng genommen schon direkt nach dem ersten Titel der Ära im Jahre 2010. Unmittelbar nach dem großen sportlichen Triumph ergaben sich nämlich Probleme mit der Gehaltsobergrenze.
In Folge deren trennte man sich von einem nicht unerheblichen Teil des Erfolgskaders, darunter unter anderem auch die beiden Torhüter und weitere zukünftige Hochkaräter der Liga wie Dustin Byfuglien und auch Andrew Ladd. Anschließend gewann man in der Windy-City über zwei Jahre hinweg keine Playoff-Runde der NHL mehr.
Im Jahre 2013 hatte man die Abgänge dann vorerst kompensiert und freute sich im Juni dann auch wieder über den großen Silberling in den Händen der verbliebenen Führungsspieler Toews und Kane.
Auch in dieser folgenden Off-Season verlor man dann abermals namhafte Führungsspieler aus dem Kader. Ein Jahr später sah das abermals nicht grundsätzlich anders aus in Chicago. Das System forderte eben stets seinen Tribut von den 'Hawks'.

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Der verbliebene Kern der Führungsspieler im Kader kam zunehmend in die Jahre. Duncan Keith ist inzwischen Mitte Dreißig. Marian Hossa verlor im Laufe der Jahre immer mehr an Durchschlagskraft vor dem Tor des Gegners, ist aktuell sogar für die kommende Saison vollständig außer Gefecht, verdiente aber noch immer 'schönes Geld' beim dreifachen Champion der letzten sieben Jahre. Beobachter vermissten zudem mehr und mehr die erfolgreiche Integration von Nachwuchsspielern.
Und doch ist der Kader der Franchise noch immer bei vielen gesetzt für eine Playoff-Teilnahme auch im kommenden Frühjahr. Eine ganz große Nummer in der Liga ist man allerdings seit dem Jahre 2016 nicht mehr. Die Dynastie der Blackhawks erstreckte sich somit wohl tatsächlich 'nur' auf die Jahre zwischen 2010 und 2015.
In Anbetracht der Rahmenbedingungen jedoch eine Leistung, welche sich hinter den klassischen Dynastien der 1950er- und 60er-Jahre wahrlich nicht zu verstecken braucht!