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An jedem Montag der Spielzeit 2017/18 wird NHL.com/de an dieser Stelle nach Themen suchen, die etwas abseits des täglichen Spielgeschehens liegen und die Themen beleuchten, die den Puls der Liga im Hintergrund bestimmen. Sportliche Krisen, ein intensiverer Blick auf die aktuellsten Themen der NHL, grundsätzliche Entwicklungen welche die Diskussionen derzeit bestimmen. Wir sorgen dafür, dass nichts davon unbeachtet bleibt.
Heute beschäftigen wir uns hier einmal näher mit den Reisbelastungen der 31 NHL-Teams.

Einige Spieler der Ottawa Senators brachten das Thema am Wochenende ganz aktuell wieder auf die Tagesordnung der NHL. In Interviews rund um das Scotiabank NHL100 Classic in der kanadischen Hauptstadt, das die Sens gegen die Montreal Canadiens mit 3:0 gewannen, äußerten sie sich teilweise recht kritisch über die zuletzt überaus großen Belastungen, denen das Franchise aus der Metropole besonders in dieser Saison ausgesetzt sei.

Auf den ersten Blick natürlich völlig nachvollziehbar, denn schließlich hatten die Jungs aus Ottawa erst im Vormonat im Rahmen der NHL Global Series zwei Begegnungen in der schwedischen Hauptstadt Stockholm gegen die Colorado Avalanche zu absolvieren, jetzt zusätzlich die hohe mentale Belastung rund um das NHL100 Classic zu erdulden. Und eine Verschnaufpause ist für sie noch immer nicht wirklich in Sicht. Die Saison ist bekanntlich lang.
Doch stellt sich die Frage, ob die Belastung des Teams aus Ottawa im Vergleich zu der Konkurrenz wirklich so hoch ist, wie es sich für die beteiligten Spieler aktuell anfühlt. Nicht alle Mannschaften haben diese tatsächlich recht ungewöhnlichen Veranstaltungen auf ihrem Spielplan.
Trotzdem ist die Beanspruchung für die Spieler in der NHL schon traditionell überall hoch. Kein Vergleich beispielsweise zu den Belastungen, wie sie den Fußballern aus der Bundesliga oder in ähnlichen Sportarten hierzulande abverlangt werden.
Betrachten wir daher die Herausforderungen, denen die unterschiedlichen NHL-Teams in der laufenden Saison unterworfen sind.
Die Kollegen von Ontheforecheck.com haben sich beispielsweise bereits vor der Saison einmal die Mühe gemacht die zurückzulegenden Reise-Meilen der 31 Teams aufzuaddieren. Demnach kommen die Senators in der Saison 2017/18 bei weitem auf keinen Spitzenplatz.

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Die Avalanche (48.600 Meilen), die Calgary Flames (47.900) und die Chicago Blackhawks (47.900) belegen hier die ersten drei Plätze. Dass es sich dabei um drei Teams aus der Western Conference handelt, überrascht nicht. Im westlichen Teil des Kontinents sind die Entfernungen zwischen den einzelnen Standorten schon mit einem einfachen Blick auf die Landkarte sofort erkennbar größer, als im deutlich dichter mit Franchises und Einwohnern besetzten Osten.
Die Avs reisen in der aktuellen Runde übrigens rund 3.000 Meilen mehr als in der Vorsaison. Die Reise nach Europa wirkt sich hier natürlich aus. Ottawa liegt mit knapp 40.000 Meilen im unteren Mittelfeld der Liga. Aber auch die Sens haben sich im Vergleich zu 2016/17 (34.800) unter anderem durch die NHL Global Series noch einmal um rund 5.000 Reisemeilen steigern müssen.
Die Teams mit den kürzesten Reisen sind alle in der Osthälfte beheimatet. Am günstigsten haben es die Pittsburgh Penguins erwischt. Sie legen während der Hauptrunde bis zum Frühjahr 'lediglich' 34.000 Meilen zurück. Die New Jersey Devils und Buffalo Sabres liegen ebenfalls in dieser Größenordnung, haben bis zum April lediglich ein paar dutzend Meilen mehr auf dem zu absolvierenden Reiseplan.
Doch sind die Reiseentfernungen nicht der einzige Faktor, wenn es um die Bestimmung der abverlangten Belastung von den Spielern der Liga geht. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist zudem die Anzahl der sogenannten 'Back to back'-Spiele, also die Begegnungen, die ohne einen Pausentag dazwischen von einer Mannschaft gespielt werden müssen.
Am ungünstigsten ist der Spielplan in dieser Kategorie für die Penguins und die Senators. Ganze 19 Mal wird dieser Kraftakt von ihnen verlangt, bevor es dann im April möglichst für beide in die Playoffs gehen soll. Die Carolina Hurricanes kommen auf deren 18, Chicago immerhin auf 17.
Besonders günstig im Vergleich meint es der Spielplan in dieser Runde mit den Winnipeg Jets (9), Vancouver Canucks (10), Avalanche, Edmonton Oilers, Nashville Predators, Anaheim Ducks und New York Rangers (jeweils 11).
Eine eindeutige Antwort auf die Frage, welches NHL-Team durch den ohne Frage für alle Spieler der Liga sehr herausfordernden Spielplan besonders belastet wird, gibt es nicht.
Schmeißt man die ermittelten Zahlen in Frage Reisedistanz und 'Back-to back-Spiele' zusammen, dann sind die Blackhawks sicherlich nicht gerade begünstigt. Ligaweit Rang drei bei den Reiseentfernungen und auch bei der Anzahl der 'Back to back'-Spiele ebenso ein Spitzenplatz. Kein anderes Team liegt in beiden Kategorien ähnlich ungünstig.
Auch die Tatsache, dass die Hawks in der allgemein als sehr sportlich herausfordernd angesehenen Central Division beheimatet sind, verstärkt den Eindruck, dass es Chicago im Ligavergleich nicht gerade leicht hat, sich über die Monate in Richtung Playoffs zu kämpfen.

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Die Titelverteidiger aus Pittsburgh reisen zwar vergleichsweise kurze Strecken, haben dafür aber am meisten Doppelspieltage, ohne Ruhetage dazwischen. Ist das jetzt ein verlässlicher Vorteil für sie? Vermutlich nicht wirklich.
Die Frage, welches Team hier im Vorteil oder Nachteil ist, liegt also, wie fast immer bei solchen Diskussionen, im Auge des jeweiligen Betrachters.
Es erscheint grundsätzlich verständlich, dass sich die Spieler aus Ottawa durch die Reise nach Schweden, einer kurz darauf gefolgten 15-tägigen Auswärtstour und dem verspürten Druck vor dem NHL100 Classic vom Wochenende in diesen Wochen vom Spielplan besonders gefordert fühlen. Die Statistiken selber belegen dies allerdings nicht.
Fraglos stimmt es jedoch, dass die Belastungen für die Aktiven durch Expansion und Sonderveranstaltungen in den letzten Jahren nicht geringer geworden sind. Wer alleine 82 Vorrundenspiele bis zu den Playoffs zu bestreiten hat, und das alles in der Zeit von Oktober bis April, der darf auch über die ungewöhnliche Belastung sprechen. Von den zu meisternden Zeitunterschieden von drei Stunden zwischen Ost und West ganz zu schweigen.