58 Siege holten die Florida Panthers in der regulären Saison und gewannen mit 122 Punkten die Presidents' Trophy für das punktbeste Team der NHL. Die Besonderheit daran ist, dass den Panthers genau die Hälfte dieser Siege, nämlich 29, gelungen sind, nachdem sie mindestens einen Rückstand im jeweiligen Spielverlauf aufholen mussten. Fünf Mal kamen sie sogar im dritten Drittel und damit so häufig wie keine zweite Mannschaft in diesen Phasen zurück. Die Colorado Avalanche und Arizona Coyotes schafften dies in der Saison 2021/22 zweimal und weitere zehn Teams einmal.

Zum Vergleich, der Gegner von Florida in Best-of-7-Serie der ersten Runde der Stanley Cup Playoffs in der Eastern Conference, die Washington Capitals, kamen in der regulären Saison gerade einmal auf 18 Comeback-Siege, aber keinen einzigen nach einem Rückstand im 3. Drittel. Insofern schmerzte es die Panthers umso mehr, dass sie in Spiel 1 zu Hause eine 2:1-Führung nach 40 Minuten durch drei Tore der Capitals im Schlussabschnitt noch verloren.
Nachdem die Panthers nach dem Serienausgleich in Spiel 2 (5:1), Spiel 3 in Washington mit 1:6 verloren, war ein Sieg in Spiel 4 in der Capital One Arena fast schon Pflicht. Es sah allerdings gar nicht gut aus, als Evgeny Kuznetsov Washington bei 49:31 Minuten mit 2:1 in Führung brachte und den Spielverlauf mit deutlich mehr Torschüssen von Florida etwas auf den Kopf stellte. Capitals-Stürmer T.J. Oshie hatte in der neutralen Zone mit einem heftigen Check gegen Sam Bennett für einen Turnover gesorgt, der zum umjubelten Treffer führte.
"Das ist ein großartiger Spielzug", schilderte Kuznetsov. "Das ist einer dieser Spielzüge, bei denen wir geduldig sein und auf sie warten müssen. Das passiert nicht in jedem Spiel und nicht in jedem Drittel. Aber was 'Osh' angeht, so ist er ein wichtiger Spieler für uns und ... es ist immer schön, ihn auf dem Eis zu haben."
Wer jetzt unter den Capitals-Fans schon von der 3:1-Führung in der Serie geträumt hatte, wurde jäh zurück in die Realität gerissen. Bereits mehr als drei Minuten vor dem Ende nahm Floridas Trainer Andrew Brunette Torhüter Sergei Bobrovsky zugunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis und sollte mit dieser Maßnahme Erfolg haben, auch wenn Washington bei einem Klärungsversuch kurz darauf das leere Tor und die mögliche Vorentscheidung nur äußerst knapp verpasste.
Sam Reinhart glich jedoch das Spiel bei 57:56 Minuten aus und erzwang so die Verlängerung. Ein Pass von Jonathan Huberdeau wurde von Capitals-Stürmer Garnet Hathaway abgefälscht, und Reinhart schnappte sich den freien Puck im Slot und schoss ihn an den rechten Pfosten und ins Netz.

"Es ist nicht viel Platz da draußen, und sie sind ein Team, das in Führung geht und es ist schwer, zurückzukommen", verdeutlichte Reinhart. "Es ist schwer, diesen Raum zu finden, vor allem, wenn sie noch härter verteidigen und versuchen, ihn zu schützen. Wir waren in der Lage, dranzubleiben, und am Ende haben wir noch eines gemacht. Es ist ein Spiel der Zentimeter, und das hat sich heute Abend gezeigt."
Eng ging es auch in der Verlängerung zu, in der schließlich Carter Verhaeghe nach 4:57 Minuten mit seinem zweiten Treffer des Abends den Panthers einen 3:2-Sieg und den wichtigen 2:2-Serienausgleich sicherte. Der erste Versuch von Verhaeghe wurde von Capitals-Torhüter Ilja Samsonow auf der rechten Seite abgewehrt, doch der Abpraller landete erneut bei dem Stürmer, der vom linken Kreis aus traf. Zuvor hatte er bereits in der 15. Minute die Führung durch Oshie aus der 8. Minute egalisiert.
"Es war großartig", betonte Verhaeghe. "Ich bin einfach nur froh, dass wir das Spiel gewonnen haben und wir vor unseren Fans zu Hause mit einem Unentschieden in der Serie wieder antreten können. Es ist jetzt eine Best-of-3-Serie. Wir haben wieder Heimvorteil, das ist also das, woran ich am meisten denke."
Spiel 5 wird am Mittwoch (7:30 p.m. ET; NHL.tv; Do. 1:30 Uhr MESZ) in der FLY Live Arena in Sunrise, Florida ausgetragen.
"Ich denke, das war unsere beste Leistung. Es sah aus wie unsere Mannschaft", zeigte sich Brunette begeistert. "Wir haben den Puck gut eingesetzt. Wir hatten den Puck, wir haben ihn nicht einfach weggegeben. Wir müssen darauf aufbauen und das war ein guter Schritt für uns."
Sachlich nüchtern fasste auch Capitals-Trainer Peter Laviolette das Geschehene zusammen. "Die erste Hälfte des Spiels war von Überzahl- und Unterzahlsituationen geprägt, und es gab nicht viel 5-gegen-5-Zeit, nicht viele 5-gegen-5-Chancen", analysierte er. "Wir haben ein bisschen zu viele 4-gegen-4-Chancen vergeben, aber wir haben im dritten Drittel Druck gemacht und es dahin gebracht, wo wir hinwollten."
Enttäuscht war natürlich Kuznetsov, auch wenn er gleichzeitig Hoffnung versprühte. "Im dritten Drittel hatten wir es selbst in der Hand", machte Washingtons Stürmer klar. "Wir spielen jetzt Best-of-3. Es gibt keine Panik. Wir haben immer noch eine ziemlich gute Chance."