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Die St. Louis Blues haben in diesen Stanley Cup Playoffs die Chance, Historisches zu schaffen. Anfang Januar hätte man die Leute wohl noch ausgelacht, wenn sie gesagt hätten, dass die Blues ein halbes Jahr später im Finale um den Stanley Cup stehen und im Spiel 7 die Chance haben würden, den Cup erstmals in der Geschichte der Liga nach Missouri zu holen.

Doch die Zeiten ändern sich. Und mit ihnen die Ansprüche. Zwar sagt Blues-Coach Craig Berube heute noch, dass er es vor ein paar Monaten sofort unterschrieben hätte, wenn man ihm garantiert hätte, dass die Blues im Stanley Cup-Finale in Spiel 7 stehen würden. Doch wer erst einmal so weit gekommen ist, der will nicht als Verlierer vom Eis gehen. Wer weiß, wann sich die nächste Möglichkeit bietet, die wichtigste Trophäe im Klub-Eishockey zu gewinnen? Die St. Louis Blues mussten zuvor 49 Jahre warten, bis sie wieder in einem Stanley Cup-Finale standen.
Umso wichtiger ist es, dass in den Playoffs alle Rädchen ineinandergreifen. Zwar sagt die alte Sportlerweisheit, dass Offensive Spiele gewinnt, die Verteidigung aber die Meisterschaft, doch ohne ein Tor zu erzielen, hat noch niemand in der NHL einen Titel gewonnen. Und da in der NHL das Gros der Spieler von gehobener Qualität ist und sich beim Spiel Fünf gegen Fünf weitgehend neutralisieren können, wenn es drauf ankommt und richtig gecoacht wird, kommt dem Überzahlspiel in dieser Phase der Saison noch einmal eine besondere Bedeutung zu.
Erstaunlicher mutet es an, dass die St. Louis Blues so weit gekommen sind. Das sind sie nicht wegen ihres Powerplays. Vielmehr kann festgestellt werden, dass sie sind, wo sie sind, trotz ihres Powerplays. Denn das war zuvor schon nicht gut, aber in der Finalserie gegen die Boston Bruins will es einfach nicht ins Laufen kommen. 18-mal hatten die Blues die Chance in nummerischer Überzahl, ein Tor zu erzielen. Und das eine Mal, wo es klappte, machte es dann noch nicht einmal einen Unterschied. Colton Parayko gelang der Treffer zum zwischenzeitlichen 2:5 bei der 2:7-Niederlage der Blues in Spiel 3 der Finalserie.

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Erschwerend kommt hinzu, dass in den Playoffs Powerplay-Möglichkeiten nicht wie Sand am Meer vorkommen. Die Spieler gehen viel disziplinierter zu Werke. Die wenigen Chancen, die der Gegner einem bietet, sollten also in etwas Zählbares verwandelt werden. Doch darin tun sich die Blues schon während der gesamten Playoffs über schwer. 16,3 Prozent lautet die magere Erfolgsquote im Powerplay in der K.o.-Runde für Berubes Truppe. Bester Torschütze bei Überzahl der Blues ist Vladimir Tarasenko mit fünf Treffern. David Perron und Jaden Schwartz haben jeweils zweimal in Überzahl getroffen. Die Bruins können mit 33,8 Prozent einen ganz anderen Wert vorweisen.
Dabei bot sich den Blues verschiedentlich in den Finals die Gelegenheit, mit einem Mann mehr zu agieren. Gemacht haben sie daraus allerdings schlicht zu wenig. Zum Beispiel in Spiel 6. Schon früh wartete Bruins-Stürmer Sean Kuraly mit einem Gastgeschenk für die Blues auf, indem er den Puck über die Plexiglasbande beförderte und wegen Spielverzögerung zwei Minuten lang die Strafbank drücken musste. Ein frühes Tor hätte den Blues gutgetan. So aber verstrichen die 120 Sekunden ungenutzt. Wie es besser gemacht wird, bekamen die Blues wenige Minuten später von Brad Marchand demonstriert, der im Powerplay, allerdings bei doppelter Überzahl, zum 1:0 für Boston traf und damit die Weichen auf Sieg für die Gäste stellte.
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Berube hatte die Leistung seines Teams mit einem Mann mehr auf dem Eis danach allerdings gar nicht so schlecht gesehen. "Wir hatten zwölf Schüsse im Powerplay. Es sah auch teilweise gut aus. Tuukka Rask hat dann ein paar Dinger gut gehalten, und wir haben einfach nicht getroffen. Hätte es besser sein können? Ja. Es muss im nächsten Spiel besser werden", erläuterte Berube.
Ob er etwas an der Aufstellung ändern werde, sei noch nicht klar. Fest steht für den Trainer aber, dass, egal, wer auf dem Eis steht, im Powerplay einen besseren Job machen muss. "Wir müssen auch die Schüsse besser auswählen." Und vielleicht springen dann ja ein paar "dreckige Tore", wie er es nannte, heraus. "Wir müssen einfach mal solch eine Chance nutzen", sagte Verteidiger Alex Pietrangelo. Ein Rezept, wie das gehen kann, lieferte er gleich mit: "Wir müssen mehr Pucks in Richtung Netz bringen und vor Rask für genügend Verkehr sorgen."
Blues-Stürmer Brayden Schenn bemängelte die Ausführung der Spielzüge im Powerplay: "Da müssen wir besser werden", betonte er. Und er hatte auch schon einen Ansatzpunkt für die kommenden Trainingseinheiten vor Spiel 7: "Wir müssen den Puck etwas schneller laufen lassen." Allerdings befand auch er: "Wir hatten unsere Chancen."
Stimmt. Vier waren es insgesamt in Spiel 6. Und sie kamen auch aus Sicht der Blues oft zum richtigen Zeitpunkt. Ende des zweiten Drittels saß Zdeno Chara nach einer Behinderung gegen David Perron für zwei Minuten draußen. Die Blues beendeten das zweite und begannen das dritte Drittel so in Überzahl. Genutzt haben sie diese Möglichkeit nicht. Da führte Boston erst 1:0. Kurz nach dem Ende der Chara-Strafe gelang Brandon Carlo der zweite Treffer der Bruins …
"Wir müssen besser schießen", meinte Blues-Stürmer Ryan O'Reilly. "Wir müssen solche Gelegenheiten nutzen. Das hätte das Spiel zu unseren Gunsten drehen können, hätte uns Selbstvertrauen geben können." Einige Sachen beim Spiel mit einem Mann mehr seien auch ganz gut gewesen. "Aber wir brauchen Ergebnisse", betonte O'Reilly. "Jetzt müssen wir es eben auswärts richten."
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Neun Siege und drei Niederlagen haben die Blues bislang als Auswärtsbilanz in den Playoffs vorzuweisen. Allerdings ist speziell auf fremdem Eis das Powerplay noch weiter davon entfernt als zu Hause, Angst und Schrecken zu verbreiten. Aus 37 Gelegenheiten resultieren bislang gerade einmal drei Tore. Macht eine Quote von mickrigen 8,1 Prozent. Aber es gibt wohl keine bessere Gelegenheit, als ein siebtes Spiel einer Finalserie um den Stanley Cup, um solch eine Statistik signifikant aufzubessern.
Anfangsbully ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um 2 Uhr MESZ (live auf NHL.tv, Sport1+, DAZN, Teleclub Sport) im TD Garden.
Mental sei die Niederlage in Spiel 6 kein Problem, ist sich Berube sicher. "Die Jungs sind schon drüber weg." Jetzt gehe es auswärts wieder darum, einfaches Eishockey zu spielen. Ja, seine Jungs werden anfangs wohl etwas nervös sein. "Das sollten sie auch. Aber nach dem ersten oder zweiten Wechsel geht das dann weg."
"Das wird für jeden im Team das bislang größte Spiel in der Karriere", meinte Parayko. Und Sturmkollege Jaden Schwartz ergänzte: "Zu dem Spiel muss man nicht viel sagen. Solch eine Gelegenheit bietet sich nur einmal im Leben."