EDM@CHI: Kane trifft in die Ecke

Seit dem 12. März pausiert die NHL wegen der Coronavirus-Pandemie. Die Liga verkündete am 26. Mai den Neustart mit 24 Mannschaften, die in einem neuen Format den Stanley-Cup-Sieger 2020 bestimmen werden. Die vier besten Teams der beiden Conferences sind für die Stanley Cup Playoffs qualifiziert und spielen in einer Vorrunde ihre Platzierungen aus, während die jeweils weiteren acht in einer Qualifikationsrunde im Best-of-5-Modus die restlichen vier Teilnehmer an den Playoffs pro Conference ermitteln. In der heutigen Ausgabe: Die Analyse der Qualifikationsrunde zwischen den Edmonton Oilers und den Chicago Blackhawks.

Direkter Vergleich der regulären Saison:

Chicago 2-1-0

  1. Oktober: Blackhawks 3:1 Oilers
    1. Februar: Oilers 5:3 Blackhawks
    2. März: Blackhawks 4:3 Oilers

Offensive:

In dieser Serie darf man sich auf einen besonderen Leckerbissen freuen. Es duellieren sich zwei der größten Offensiv-Duos der NHL aller Zeiten. Auf Seiten der Blackhawks stehen Jonathan Toews und Patrick Kane, ihnen gegenüber Leon Draisaitl und Connor McDavid. Aus Schweizer Sicht lohnt sich noch ein Blick auf die hinteren Reihen der Oilers, wo sich Gaetan Haas diese Saison mit fünf Toren und fünf Assists als verlässlicher Stürmer etablieren konnte.

Kane und Toews wurden unter die hundert besten Spieler der NHL-Geschichte gewählt und gewannen gemeinsam mit Chicago drei Mal den Stanley Cup (2010, 2013, 2015). Kane belegte in der regulären Saison mit 84 Punkten (33 Tore, 51 Assists) den achten Platz der Liga. Toews landete mit 60 Punkten (18 Tore, 42 Assists) auf Rang 39 der Scorerwertung.

McDavid und Draisaitl bilden die Speerspitze einer neuen Generation von Stürmern. Draisaitl gewann mit 110 Punkten (43 Tore, 67 Assists) die Art Ross Trophy für den besten Scorer der regulären Saison, McDavid belegte mit 97 Zählern (34 Tore, 63 Assists) Rang zwei. Er hatte sich die Art Ross Trophy 2017 und 2018 gesichert. Der letzte Topscorer vor ihm? Kane.

Die Unterstützung aus den hinteren Reihen lässt jedoch in beiden Teams zu wünschen übrig, weshalb die Oilers mit 3,14 Toren pro Spiel nur auf dem 15. Platz landeten, die Blackhawks mit 2,97 auf dem 18. Platz. Der Vergleich zwischen der Erfahrung der Blackhawks und der Klasse von Draisaitl und McDavid verspricht Spannung. Der Vorteil dürfte dank der beiden Ausnahmestürmer aber bei den Oilers liegen.

EDM@CHI: Kanes Handgelenkschuss aus dem Bullykreis

Defensive:

In der Defensive ordneten sich beide Teams in der regulären Saison beinahe identisch in der Mitte der Liga ein. Die Oilers kassierten 3,03 Gegentore pro Spiel (Platz 15), die Blackhawks lagen mit 3,06 Gegentoren direkt hinter ihnen.

Die Oilers freuen sich auf den Einsatz von Mike Green. Sie holten den 34-Jährigen am 23. Februar von den Detroit Red Wings als neuen Anführer ihrer Abwehr. Allerdings verletzte er sich, so dass er bisher nur zwei Mal für die Oilers auflief. Er könnte die Abwehrleistung des Teams deutlich steigern.

Bei den Blackhawks dürfte Calvin de Haan zurückkehren, der diese Saison verletzungsbedingt nur auf 29 Einsätze kam. Er wäre eine willkommene Unterstützung für Abwehrchef Duncan Keith, der Chicagos Verteidiger mit 27 Punkten (drei Tore, 24 Assists) anführt.

In dieser Kategorie halten sich die Teams in etwa die Waage und waren beide von Verletzungen geplagt. Es wird interessant sein zu sehen, welcher Kader besser funktioniert, wenn er vollständig ist.

Torhüter:

Keiner der Torhüter beider Teams war diese Saison überragend. Sie zeigten aber zumindest ordentliche Leistungen.

Bei den Oilers teilen sich Mikko Koskinen und Mike Smith den Job zwischen den Pfosten. Koskinen wies mit 91,7 Prozent Fangquote und 2,75 Gegentoren pro Spiel die bessere Statistik auf. Mit Smith gewann Edmonton jedoch 19 Spiele, mit Koskinen waren es 18.

Chicagos Corey Crawford hält mit der Fangquote von Koskinen mit und kassierte nur 0,02 Tore mehr pro Spiel. Er bringt allerdings die Erfahrung von zwei Stanley Cup Titeln mit, was unter dem Druck der Best-of-5-Serie vorteilhaft sein kann. Sollte er pausieren müssen, könnte der Abgang von Robin Lehner zu den Vegas Golden Knights für Malcolm Subban zum Problem werden, der nicht seine beste Saison spielt.

Die Oilers haben den Vorteil, dass sie breiter aufgestellt sind. Wenn Crawford aber zu seiner alten Playoff-Form aufläuft, könnte er zum Problem für Edmonton werden.

Special Teams:

Hier ist der Vergleich eindeutig, die Oilers stellen die besten Special Teams der Liga. Im Powerplay liegen sie mit einer Quote von 29,5 Prozent mit Abstand auf dem ersten Platz. Draisaitl erzielte die zweitmeisten Powerplaytore (16). Darüber hinaus führen er und McDavid die Liga mit 44 und 43 Punkten in Überzahl an. Edmontons Unterzahlspiel erreicht mit 84,4 Prozent ligaweit den zweiten Platz.

Die Blackhawks stellen hingegen mit 15,2 Prozent das zweitschlechteste Powerplay. In Unterzahl schlagen sie sich dagegen gut. Ihre Erfolgsquote von 82,1 Prozent reichen für Platz neun.

Die Mannschaft aus Chicago muss die Strafbank unbedingt meiden und das eigene Powerplay verbessern, wenn sie gegen Edmonton bestehen will.

WPG@EDM: Draisaitl lenkt zum Ausgleich ins Tor

Trainer:

Nicht nur auf dem Eis unter den Stürmerstars, auch hinter der Bande wird ein Generationen-Duell stattfinden. Bei den Oilers steht der 58-jährige Dave Tippett auf der Bank, der viele Jahre als Cheftrainer in der NHL für die Dallas Stars sowie die Phoenix und Arizona Coyotes aktiv war und nach der Saison 2018/19 von den Oilers engagiert wurde. Er bekam 2010 den Jack Adams Award als bester Trainer der NHL überreicht und könnte in seiner 15. Saison zum neunten Mal die Playoffs erreichen.

Chicagos Coach Jeremy Colliton könnte mit seinen 35 Jahren noch problemlos als Spieler aktiv sein. Er ist in seiner zweiten Saison bei den Blackhawks und hat noch keine Playoff-Erfahrung vorzuweisen.

Die Erfahrung spricht im Trainer-Duell klar für Tippett. Colliton bringt jedoch eine nicht zu unterschätzende Unbekümmertheit mit.

X-Faktor:

Das Hauptaugenmerk liegt in dieser Serie auf der Offensive. Mit McDavid, Draisaitl, Kane und Toews ist einfach so viel Talent und Können versammelt, dass spektakuläre Spielzüge und Tore garantiert sind. Das Kräftemessen dieser Ausnahmespieler dürfte für den Ausgang der Serie entscheidend sein. Wenn die Blackhawks zumindest einen der beiden Oilers-Stars unter Kontrolle bekommen, steigen ihre Chancen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan.